Die Überfahrt der Zwerge            

Im sogenannten Hackelsberge an der Weser sollen vorzeiten Zwerge gewohnt haben. Man habe, so wird erzählt, in dem bewaldeten Berge zuweilen eine wundervolle Musik gehört. Eines Tages jedoch sind die Zwerge ausgewandert. Viele von ihnen sollen bei Wahmbeck über die Weser gesetzt sein. Andere bei Lippoldsberg.

Zu einem Schmied, der gleich neben der Weser bei Lippoldsberg wohnte und die Fähre bediente, kam eines Tages ein Zwerg. Dieser begehrte von ihm, den ganzen Vormittag die Weser hinüber und herüber gefahren zu werden. Den Lohn für diese Arbeit solle er schon bekommen.

Der Schmied fuhr also den ganzen Vormittag den Zwerg die Weser hinüber und herüber. Das Schiff war dabei von den unsichtbaren Passagieren so schwer, dass sein Bord bis an den Rand des Wasserspiegels sank. Als der Fährmann schließlich unmutig wurde durch dieses ihm sinnlos erscheinende Fahren, hielt ihm der Zwergenkönig seine Mütze hin, die er einmal aufsetzen solle. Als er es getan hatte, da sah er wie es jenseits der Weser auf dem Felde  kribbelte und wimmelte vor lauter Zwergen. Zur Mittagszeit, als der Zwerg endlich ausstieg, sagte er dem Schmied, dass er seinen Fährlohn in seinem Schiffe fände. Wie der Schmied nun genauer hinsah, entdeckte er eine Anzahl Äpfel. Die stammten aber nicht von einem Baume, sondern von einem Pferd. In seinem Zorn warf er alle ins Wasser. Als er später in sein Fährschiff trat, da war aus einem Pferdeapfel, der liegen geblieben war, schieres Silber geworden. Nun suchte der Fährmann im Fluss nach dem weggeworfenen Schatz, fand aber nichts mehr.

(Gudrun Porath (Hg.): Der Fiedler in der Wolfgrube. Sagen und Märchen aus dem Solling und dem Wesertal, Holzminden 2008)